David gegen Goliath: Chemie ohne Respekt Wenn Fabriken heute etwas herstellen, dann ist
viel Plastik und Metall dabei. Einzelheiten zu solchen heutigen
Fabrikmaterialien scheinen dem "einfachen Chemieunterricht" nicht zugänglich
zu sein. Oder wurde nie versucht, die Substanzen industriell gefertigter
Alttagsprodukte für
den Chemie-Unterricht zu vereinfachen? Sie scheinen chemisch eintönig
zu sein gegenüber der Vielfalt der Einstiegsklassen-Experimentierchemie. Eine
Vinylplatte - was soll man da groß analysieren? In Wasser tunken, erhitzen an
Luft, anzünden, es mal mit Säure und Lauge probieren? Alles gähn. "Eine
PE-Tüte ist chemisch so tot wie ein Stein. die liegt zehntausend Jahre im Wald
herum" Ja dann schauen wir uns doch mal eben die "toten"
Chemikalien an - Kohlendioxid, Siliziumoxid, Wasser... die PE-Tüte, überhaupt
alle organischen Materialien, haben doch im Vergleich zu Wasser & Co das
"organische Drama" am Hals: Hilfe, wir sind entzündlich. Wir sind in Hitze
zersetzlich. ... Ich plaudere hier nur mal so vor mich hin: Hinein in eine
chemische Welt, wie sie Justus von Liebig noch gar nicht erfassen konnte.
Und dieser Justus, der hat nach meinem Eindruck diktiert, was interessante
Experimentalchemie sei. Bis heute.
Ich bin ein Chemiker der Geschichte. In beiden Sinnen dieses Wortes. Ich bin
bereit, in Chemie auch mal Geschichten zu berichten. Und ich liebe den surrealen
Glanz, in dem die Wissenschaftsgeschichte der Chemie schimmert. Ja, surreal. Die
Geschichte der Alchemie ist ein jahrhundertelanges Breugel-Gemälde. Alle
Wissenschaften hatten ihr dummes Kreuz mit der Kirche. Aber die Chemie... die
kam auch ohne Konflikt mit der Kirche nicht voran... die hatte ihr Kreuz mit dem
Aberglauben, mit der Fürstenwelt.
Dabei kann man sich festbeißen in die Frage:
Was passiert bei Eisenoxid auf einem Tonband? Ist dieses Eisenoxid ein
Magnet? Doch wohl nicht. Wie kann es also magnetisiert werden? Und wenn es in
Nanosekundenschnelle magnetisierbar ist: Wieso behält es dann dieses
Magnetisiertsein über 50 Jahre hinweg? Was macht der Ablesekopf anders als der
Aufnahmekopf an einem Tonbandgerät - wie greift der Ablesekopf die Magnetisierung
des Eisenoxids ab, ohne sie zu zerstören?
Oder: Was geschieht, wenn man Polycarbonat-Granulat-Stücke miteinander
verschmilzt? Das geschieht in diesen Extrudern. Ist ein
Polycayrbonat-Granulat-Stück aufgrund räumlicher Vernetzung ein einziges Makromolekül? Werden in den
Extrudern neue Bindungen noch hergestellt, oder ist das Resultat hinter dem
Extruder ein Nebeneinander, Ineinander, Durcheinander von granulatgroßen
Makromolekülen, vergleichbar mit einem Filz?
Exemplarisch habe ich soeben Stile und
Frageformen angerissen, die auf dieser Homepage zum Einsatz kommen. Ohne die ich
in vier Schuljahren Chemie nicht das Backen in der Mikrowelle und die Abriebfestigkeit
des Autoreifens erreiche. Die Inhalte hier sind aus einem zornigen Guss: Alle
Überschriften sind NICHT im Lehrplan vorgesehen. Die Inhalte hier sind im
Lehrplan Fußnoten des Chemie-Grundkurses: Nebenbei wird Gummi vulkanisiert.
Zufällig erwähnt der Lehrer mal, dass in der Mikrowelle Bindungen von
Wassermolekülen in Schwingung gebracht werden - und das ist dann nämlich schon
"Hitze". Diese Homepage fragt sach-chemisch (also nicht á la
PM-Magazin) nach chemischen Inhalten, die en masse uns umgeben.
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