Die kostenlos erhältlichen Content-Management-Systeme (CMS) sind für den
Geschäftsbetrieb ausgelegt. Für die Anforderungen einer Schule hat meines
Wissens nie jemand ein CMS geschneidert. CMS sind meiner Ansicht nach in einer Schule nur „einfach" für
denjenigen, der regelmäßig dort Daten eingibt und bearbeitet. Also für den
Corektor und vielleicht noch jemanden vom Sekretariat. Menschen, die nur alle
halbe oder ganze Jahre dort hineinklicken (Fachschaftszuständige, Zuständige
für Schülerreisen, Eltern für die Elternseite, Ehemalige für die
Ehemaligen-Seite, und auch Schüler sind bei CMS seltener fit, als sie
behaupten) müssen sich unter Zeit- und Hirnaufwand erst einmal orientieren und
werden in der Regel Hilfe brauchen.
Der Betreuer eines CMS-Systems hofft also zunächst, es sich einfacher zu
machen, indem im Prinzip vieles von den Zuständigen direkt eingespeist werden
könnte. In der Praxis muss er den Zuständigen oft und immer wieder die Arbeit
mit dem CMS erläutern - je nachdem wird an einer Schule mit ihrem im Vergleich
zu einem Handelsbetrieb geringen Datenfluss der Aufwand vergleichbar damit, dass
der Betreuer die Daten selbst eingibt.
Die in ein CMS einzugebenden Daten müssen nicht nur internet-gerecht sein -
also Bilder z.B. müssen immer in Auflösung und Maßen angepasst werden -
sondern auch noch CMS-gerecht. Direkt verträgt ein CMS nur puren Text (kein
formatiertes Word-Dokument, keine Excel-Tabelle, kein in htm schon erstellter
Stundenplan) sowie Bilder. Wer den puren Text dann mit Größenunterschieden,
Fettschrift, Farbe gestalten will, soll dies bitte im CMS tun. Was er vorher in
einem Word-Dokument gestaltet hat, geht verloren. Die Bildaufarbeitung verlangt
handwerkliche Erfahrung und ist ein typisches Problem der vielen CMS-Mitarbeiter.
Die Textaufarbeitung ist für klassische schulische Computernutzung das Ende
bisheriger Bequemlichkeit.
„Bisher", also etwa von 1998 bis 2008, verfasste das Schulpersonal
beinahe alles in den Bill-Gates-Programmen word und excel - denn sie bekamen das
kostenlos, während Schüler und Eltern eigentlich dreistellige Summen dafür
zahlen müssten. „Eigentlich" - in der Praxis war die Arbeit der
Schulbehörden mit Bill-Gates-Programmen eine Verleitung, gegenüber armen
Menschen sogar ein Zwang zur Raubkopie. Damit machen kostenlose CMS-Programme im
Prinzip Schluss. Aber die Ausführenden der Verwaltung protestieren dagegen, auf
kostenlos Öffentliches umlernen zu müssen, und eine jahrelange Bremsspur zieht
sich nun durch Schulen und Behörden.
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Im Layout sind CMS-basierte Homepages schablonisiert. Es gibt eine „optimale
Nutzerführung" und einen „bestwirkende Seitengestaltung", von der
zunehmend gering abgewichen wird. Die Farben und Fotos können wechseln - der
Baukasten ist vorgegeben. So gut wie alle öffentlich-rechtlichen Seiten melden
durch Angleichung aneinander: Hurra, wir sind jetzt CMS-basiert. Es ist ein
bisschen wie mit den Formen heutiger Autos im Vergleich zu dem, was von 1900 bis
etwa 1970 an Wagen gebaut wurde. Klar kann man ein CMS aufpeppen - Scroll-Down-Menüs, Flash-bewegte Elemente
- bittesehr. Aber das kann der Mitarbeiter nicht, da ist der Betreuer gefragt.
Der wollte sich die Arbeit erleichtern? Die CMS-basierte Homepage, die zugleich
nicht bieder ist, sondern Profil zeigt, ist das größere Kunstwerk, ist der
fünfmal höhere und komplexere Arbeitseinsatz, als er für die profilierte
Gestaltung einer klassischen Homepage erforderlich ist. Zwischen 1998 und etwa
2005 gab es eine regelrechte Explosion des Homepage-Bauens von klassischen, aus
CMS-Sicht „statisch" genannten Homepages. Jeder Computerinteressierte
konnte das. Diese Zeit ist zuende. Seit die Kunden CMS wollen und den
zugehörigen Look der Homepage, sitzen die Betreuer dieser Seiten wieder in
einem volksfernen Elfenbeinturm und basteln mit Daten, die dem Level früher
DOS-Inhalte ähneln.
Überwiegend wollen die Kunden eigentlich nur den modernen Look, aber
ansonsten maximale Bequemlichkeit: Ich gebe dir meine Daten, wie sie halt gerade
angefallen sind - als word, excel, PDF, odt, Foto aus der Kamera, htm, Grafik aus
irgendeinem Programm, Film in irgendeinem Format, und manchmal auch auf gutem
altem Papier - und das will ich dann 1 : 1 im Internet wiederfinden. Dieser
Kundenwunsch („Das Firmenprospekt im Internet bitte") war über zehn
Jahre hinweg der Stress der Homepagebetreuer - und mit dem CMS haben sie die
Machtverhältnisse umgedreht: „Alle Inhalte netzgerecht bitte" - das
setzt sich in Unternehmen nun durch.
Der Lockruf „CMS ist einfach" ist vergleichbar mit der
Bill-Gates-Werbung „Windows ist einfach" - 2009 gehen wir da ins etwa
fünfzehnte Jahr einer stetigen Kundenquälerei. Die Programmierer von CMS
versuchen, sich selbst Arbeit im Betrieb abzunehmen, und erreichen als gern
mitgenommenen Nebeneffekt, dass sie sich unentbehrlich und wichtig machen. Daran
arbeiten sie dank CMS seit etwa 2002. Die Vereinfachung, die CMS an Schulen
bietet, geht einher mit mancherlei Personalschulung, mit einiger Umstellung
schulischer Arbeitsweise, und beruht auf einigen Versprechen an das Umfeld, die
so nicht eingehalten werden können. Ich wünsche den Schulen, die sich an CMS
anpassen, alles Gute. |